Rezension: Beethoven im November

Am Donnerstag, dem 3.11.2021, veranstaltete der Kulturverein Probstei im Rahmen der Schönberger Musiktage wieder einen Beethoven-Klavierabend, eine ursprünglich im  Beethoven – Jubiläumsjahr 2020 vorgesehene Veranstaltung, die Pandemie-bedingt verschoben werden musste. Zu Gast war der Berliner Pianist Clemens Wiencke. Mit seinem langen lockigen Haar wirkt er ein wenig wie der bekannte Klaviervirtuose des 19. Jahrhunderts, Franz Liszt. Eine weitere Gemeinsamkeit kann man in der hohen spieltechnischen Perfektion beider Künstler vermuten.

Wiencke spielte im einfühlsamen Pianissimo genauso ergreifend wie in furioser Schnelligkeit. Er brillierte in den hochvirtuosen, atemberaubenden Tremoli der linken Hand z.B. im 3. Satz der Mondscheinsonate ebenso wie in den komplexen Trillerfiguren des Variationssatzes  der Sonate Op 109. Andererseits brachte er den Bechsteinflügel in den langsamen Sätzen durch  klare Phrasierung regelrecht zum  Singen.

Zu Beginn interpretierte Wiencke die Sonate Op.27, Nr. 2 in cis-moll, die Beethoven 1801 vollendete und die in großen Teilen auf Schloss Unterkrupa im damaligen Ungarn (heutige West-Slowakei) entstand. Er dedizierte sie der Gräfin Julie Guicciardi, einer seiner Klavierschülerinnen, die er offensichtlich sehr verehrte. Den Beinamen „Mondschein- sonate“ erhielt das Werk erst posthum, wahrscheinlich durch den Musikkritiker Rellstab, im Rahmen der ruhig-verträumten Stimmung des ersten Satzes. Liszt beschrieb die Sonate als „die Blume des 2. Satzes zwischen zwei Abgründen“.

Als zweite Sonate des Abends erklang die „Sturmsonate“, Op. 31, Nr.2, in d-moll, die mit Shakespeares Drama „Der Sturm“ in Verbindung gebracht wird. Diese Sonate wurde 1802 veröffentlich. In seinen ersten 10 Wiener Jahren (1792 bis 1802) komponierte Beethoven 20 seiner 32 Klaviersonaten. Die Improvisation am Klavier stellte eine wesentliche Inspirationsquelle für seine Kompositionen dar und begründeten seinen hervorragenden Ruf als Pianist.

Nach der Pause spielte Wiencke die späte Sonate Op. 109 in E-Dur. Diese wurde 1820 komponiert, 7 Jahre vor Beethovens Tod. Damals war Beethoven wohl schon vollständig taub. Er konnte seine Musik also nur innerlich hören. Die späten Sonaten sind weniger „gefällig“ als die frühen Werke und berichten von den Qualen des Komponisten.

Nach stehenden Ovationen der etwa 60 Zuhörerinnen und Zuhörern folgten 3 Zugaben: der erste Satz der Sonate Opus 110, eine Wiencke´sche Improvisation und dann noch „Für Elise“, aus dem Jahr 1810, das vielleicht berühmteste klassische Klavierstück, bei dem sich die Musikwissenschaft bis heute nicht einig ist, wer die mit diesem Klavierstück beglückte Widmungsträgerin „Elise“ denn eigentlich war.

Wir freuen uns auf die weiteren Musikveranstaltungen im Rahmen der Schönberger Musiktage 2022.

Rüdiger Penthin

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