Rezension: Thomas Mann und Ludwig van Beethoven – Dr. Faustus und Opus 111

Am Mittwoch 21.02.24 startete der Kulturverein Probstei e.V. in die diesjährige Veranstaltungssaison, mit schwerer Kulturkost. Ein ungewöhnlicher genre-übergreifender Abend erwartete die Zuhörenden. Bernhard Bücker, Pianist aus Dinslaken, mit inniger Verbundenheit zur Probstei, war lange Jahre Dozent am der renommierten Folkwang Hochschule in Essen. Matthias Klein, Opernsänger und Bassbariton, Musikpädagoge und ehemaliger Radiosprecher, ist dem Schönberger Publikum seit vielen Jahren bekannt. Beide Künstler gestalteten den Abend.

Matthias Klein trug das Kapitel acht aus Thomas Manns Roman „Dr. Faustus“ vor. Der Vortrag war atemberaubend ausdrucksstark. Die fast 60 interessierten Zuhörenden waren in den Atempausen des Sprechers so still, dass man eine Stecknadel hätte fallen hören können. Die komplizierten endlosen Satzstrukturen Manns wurden klar und transparent. Auch der tiefgründige Humor wurde fassbar. Inhaltlich widmete sich dieses Kapitel der Beschreibung einer Bildungs-Vortragsreihe in der Kleinstadt Kaisersaschern, die nie viele Zuhörer anlockte, aber in der der musikalische Vortrag und die zugehörigen Interpretationen durch den Organisten Wendell Kretzschmar, der zudem an einem Stottern litt, die jugendlichen Freunde Adrian Leverkühn und den Erzähler Serenus Zeitblom begeisterte und erhellte. Es ging um die Vorstellung der letzten 2-sätzigen Klaviersonate Opus 111 von Ludwig van Beethoven und  um die Frage, warum Beethoven, der zur Zeit der Komposition und Veröffentlichung 1821/22 schon vollständig ertaubt war, keinen 3. Satz zu dieser Sonate komponiert hatte. Es wurden musikalische Details bis hin zu Melodielinien beschrieben und die emotionalen Implikationen, die diese mit sich brachten, literarisch verdeutlicht.

Nach diesen musikwissenschaftlichen Betrachtungen Thomas Manns, die auch seine außerordentlich große musikalische Bildung unter Beweis stellten, brachte Bernhard Bücker, dieses 30 minütige Werk am Flügel zur Aufführung. Er gestaltete die komplizierte Materie, klar und verständlich, zeigte eine hohe technische Brillanz, mit der er auch so schwierige Elemente wie die schier endlosen mehrstimmigen Trillerketten im Ausklang des letzten Satzes zum Erklingen brachte. Beethovens letzte Klaviersonate ist keine leichte Kost, aber von tiefer Emotionalität und auch Verzweiflung geprägt.

Das Publikum war begeistert. Das war ein Experiment, aber ein erfolgreiches – ein gelungener Veranstaltungsauftakt für den Kulturverein Probstei. 

Rüdiger Penthin

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert